Je abstrakter und weniger ereignisbezogen die Themen, umso mehr kommen Symbolbilder zum Einsatz. Aber müssen oder können Symbolbilder in bestimmten Gebrauchszusammenhängen nicht auch aktuell sein, oder sind sie immer zeitlos? Felix Koltermann diskutiert dies anhand eines Artikels aus dem Bremer Weser Kurier.
Am 14. Mai 2021 veröffentlichte der Weser Kurier im Ressort Bremen einen Artikel mit dem Titel „Warten auf den digitalen Impfpass“, der Online bereits am Tag vorher erschienen war. Der Print-Artikel nahm von links kommend die ersten vier Spalten ein und wurde auf der oberen Seitenhälfte mit einem großformatigen Bild versehen. Das Bild zeigt die aufgeschlagene linke Seite eines gelben Impfpasses mit Eintragungen, auf dem eine Spritze liegt, die von links oben nach rechts unten zeigt. Versehen ist das Bild mit der Unterschrift „Der gelbe Impfpass wird bei Reisen ins Ausland voraussichtlich nicht in jedem Fall ausreichen. Spätestens Ende Juni soll es den digitalen Ausweis in Deutschland geben.“ Als Quelle wurde „Hildenbrand/dpa“ angegeben.
Der Artikel nimmt die Vorbereitung zur Einführung eines digitalen Impfpasses in Deutschland als Aufhänger, um darüber zu berichten, ob und wie die lokalen Bremer Impfzentren und niedergelassenen Ärzt*innen für den Umgang mit dem digitalen Impfpass gerüstet sind. Bis dahin finden Eintragungen weiter in den klassischen gelben Impfpässen auf Papier statt. umso erstaunlicher ist es dann zu sehen, dass auf dem von der Redaktion ausgewählten Bild keine Coronaimpfung abgebildet ist, sondern eine Spritze mit einer Chargennummer und der Jahreszahl 2018/2019, die auf die Grippeimpfung im Winter vor zwei Jahren verwaist. Daraus ergibt sich die Frage, ob auch Symbolbilder einen gewissen Grad an Aktualität liefern sollte.
Für die Verwendung eines Bildes, das Impfpass und Spritze aus einer Coronaimpfung zeigt, spricht, dass es die inhaltliche Kohärenz zwischen Text und Bild erhöhen würde. Denn im Text geht es ja um die Einführung des digitalen Impfpasses aufgrund des Coronavirus und der davor schützenden Impfungen und nicht um eine grundsätzliche Reform des Impfpasses. Klar ist in jedem Fall das aufgrund der schon Monate andauernden Corona Impfkampagne entsprechende Symbolbilder existieren. Gegen die Verwendung eines aktuellen Bildes kann ins Feld geführt werden, dass es bei der Bebilderung nur um eine abstrakte Visualisierung des Impfpass-Themas geht. Dann jedoch ist zu Fragen, warum auf dem Bild so explizit eine zeitlich zu verortende Impfspritze zu sehen ist. Deswegen wäre die Verwendung eines coronabezogenen Impfpassbildes konsequenter gewesen. Der fehlende Zusatz „Symbolbild“ auf der Zeitungsseite hätte darüber hinaus für mehr Transparenz und Eindeutigkeit gesorgt.