Blattkritik 5 „Berliner Zeitung“ 03.06.2020

Auf dem stark umkämpften Berliner Lokalzeitungsmarkt belegt die „Berliner Zeitung“ den zweiten Platz nach dem Tagesspiegel. Sie ist die älteste Tageszeitung im Nachkriegs-deutschland und nach turbulenten Jahren jetzt im Besitz der Familie Friedrich.  

Ausgabe der „Berliner Zeitung“ vom 3. Juni 2020

Die Ausgabe der „Berliner Zeitung“ vom 3. Juni 2020 umfasst 20 Seiten, verteilt auf zwei Bücher. Im Buch eins finden sich die Rubriken Tagesthema, „Seite 3“, Politik, Wirtschaft, Meinung, Wissenschaft und Sport. Das zweite Buch startet mit dem Ressort Berlin, gefolgt von Brandenburg, Gesundheit, Feuilleton, TV Programm und Panorama. Die Titelseite ist zweigeteilt in Aufmacherbild und Aufmacherartikel. Das Aufmacherbild in der oberen Hälfte zeigt die Verhaftung eines Schwarzen Demonstranten in den USA während der Aufmacherartikel auf der unteren Hälfte sich dem lokalen Mietenmarkt in Berlin widmet.

Das Layout fußt auf einem sechs-spaltigen Raster. Ausnahme ist die Rubrik „Seite 3“ mit fünf Spalten. Das Logo der Zeitung ist Blau und erscheint nur auf der Titelseite. Darüber hinaus wird die Farbe Rot für Hervorhebungen genutzt, wie etwa für den Start neuer Ressorts oder die Einführung einzelner Rubriken wie „Nachrichten“. Den letzten Relaunch der gedruckten Ausgabe gab es 2018, noch vor dem letzten Eigentümerwechsel. Die „Berliner Zeitung“ erscheint im sogenannten Berliner Format (315 x 470 mm) und wird beim „Berliner Zeitungsdruck„, einer Tochtergesellschaft des Berliner Verlags gedruckt. Im Handel kostet sie an Wochentagen 1,60 Euro pro Ausgabe. Die verbreitete Auflage betrug laut IVW (4. Quartal 2019) 87.312 Exemplare.

Gegründet wurde die „Berliner Zeitung“ bereits am 21. Mai 1945 durch die Rote Armee. Von 1953 bis 1989 war die Zeitung direkt dem Zentralkomitee der ostdeutschen SED unterstellt. Nach der Privatisierung durch die Treuhand übernahm zuerst der Verlag Gruner+Jahr das Ruder, dann kamen die Holtzbrink Verlagsgruppe, später die als Heuschrecke in Verruf geratene Beteiligungsgesellschaft Mecom von David Montgomery und zuletzt der DuMont Verlag. Versuche, sich auf dem überregionalen Markt zu etablieren scheiterten. Über die Jahre gab es harte Sparkurse und Entlassungswellen sowie verschiedene Umstrukturierungen. Aktueller Eigentümer ist das Ehepaar Friedrich über den Berliner Verlag, zu dem auch der Berliner Kurier und das Berliner Abendblatt gehören. Die Inhalte werden von der Berliner Newsroom GmbH und Berlin 24 digital produziert.

Der Einsatz von Bildern in der Berliner Zeitung ist sehr uneinheitlich, ohne dass sich ein klares Konzept erkennen ließe. Es finden sich viele unterschiedliche Formate an unterschiedlichen Positionen auf den Seiten. Auf Text im Bild wird weitestgehend verzichtet. Die Bilder stammen hauptsächlich von der Deutschen Presseagentur, aber auch AFP, AP und Imago Images. Im Berlinteil findet sich ein Bild des Redaktionsfotografen Markus Wächter. Bei allen Bildern werden die Fotograf*innennamen genannt. Im Impressum ist keine Bildredaktion aufgeführt, nur die Artdirektorin Annette Tiedge, die den letzten Relaunch der Zeitung mit verantwortete.

Ausschnitt der Seite 3 der „Berliner Zeitung“ vom 3. Juni 2020

Interessant an der Ausgabe vom 3. Juni 2020 ist die Gestaltung der „Seite 3“. Die Rubrik ist für ausführliche Hintergrundreportagen reserviert. Am Untersuchungstag fand sich dort eine Reportage des freien USA Korrespondenten Thomas Spang über die Unruhen nach der Tötung des Schwarzen US Bürgers George Floyd. Betitelt mit „Der Aufruhr“ wird der Artikel von einer querformatigen Fotografie begleitet, die das obere Drittel der Zeitungsseite einnimmt und über die komplette Breite geht. Sie zeigt Donald Trump wie er in Washington an Polizisten vorbeischreitet. Dieser Fokus auf den amerikanischen Präsidenten lässt stutzig machen, geht es doch im Artikel viel stärker um die Familie von Floyd und die Proteste auf der Straße. Floyds Familie bekommt nur auf der unteren Seite durch ein kleines Porträt des Bruders ein Gesicht. Die Fotografie von Trump fungiert gleichwohl auch als Gegengewicht zum Aufmacher auf der Titelseite, das die Verhaftung eines Schwarzen Demonstranten zeigt.

Zur Geschichte der „Berliner Zeitung“ findet sich ein ausführlicher Artikel von Helma Nehrlich bei „Menschen Machen Medien„. Über den Relaunchprozess von 2018 gibt es ein interessantes Video auf dem Youtube-Kanal der Zeitung.